Weihnachten 25.12. /26.12.2012 Der Mann JOSEF

Predigt Jan Peter Hanstein 25.12. /26.12.2012 JOSEF

Mt 1, 16.18-21.24a
MT1
1 Dies ist das Buch von der Geschichte Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.  ...
16 Jakob zeugte Josef, den Mann der Maria, von der geboren ist Jesus, der da heißt Christus.
17 Alle Glieder von Abraham bis zu David sind vierzehn Glieder. Von David bis zur babylonischen Gefangenschaft sind vierzehn Glieder. Von der babylonischen Gefangenschaft bis zu Christus sind vierzehn Glieder.
Jesu Geburt
18 Die Geburt Jesu Christi geschah aber so: Als Maria, seine Mutter, dem Josef vertraut war, fand es sich, ehe er sie heimholte, dass sie schwanger war von dem Heiligen Geist.
19 Josef aber, ihr Mann, war fromm und wollte sie nicht in Schande bringen, gedachte aber, sie heimlich zu verlassen.
20 Als er das noch bedachte, siehe, da erschien ihm der Engel des Herrn im Traum und sprach: Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist von dem Heiligen Geist.
21 Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.
.. 24 Als nun Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.
25 Und er berührte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar; und er gab ihm den Namen Jesus.

 

 

Ich dachte, ich mach Weihnachten mal was anderes und beschäftige mich mal mit dem übersehenen Mann in der Weihnachtsgeschichte. Den Josef.

Kaum hatte ich den Entschluss gefasst, begegnete mir überall Josef: als Grußkarte von Dekan Kern und gestern schlage ich die Zeitung auf: unser Regionalbischof Christian Schmidt hat Josef als Thema in seiner Andacht in der Kitzinger und in der Sueddeutschen als Thema auf der prominenten Seite drei: Josef, zwischen Macho und Softie.

Ein seltsames Phänomen: wer sucht, der findet. Je nachdem was wir gerade beobachten, kommt uns vor, das es plötzlich gehäuft passiert - plötzlich ist die Zeitung voller Busunfälle oder Amokläufe in der ganzen Welt. Sie kennen den Effekt - wer sucht der findet. nach kurzer Zeit richtet sich unsere Aufmerksamkeit auf etwas anderes und das Thema verschwindet von alleine.

Nur ein paar Themen dürfen sich unserer Aufmerksamkeit immer gewiss sein: das Christkind in der Krippe, seine heilige Mutter Maria. Von Jesus hören wir noch ganz viel und seine Mutter begleitet ihn bis unter das Kreuz und bis in die Urgemeinde nach seiner Auferstehung hinein.

Von Josef hören wir dagegen  - plötzlich nichts mehr. 1-2, höchstens 3 Kapitel bei Lukas und Matthäus und von Josef ist nichts mehr zu hören. Einmal noch - "ist das nicht Josefs Sohn" wird ungläubig nach dem ersten Auftritt Jesu in seiner Heimatstadt gefragt.

Ein typischer Mann?

Wann ist ein Mann ein Mann? Was macht den Mann zum Mann? Josef - das unbekannte Wesen an Marias Seite.

- Ein moderner Mann: Ein Initiator, der liebt, arbeitet, kämpft, - und spurlos verschwindet?

- Alt und langweilig, der die Jungfrauenschaft Mariens aus Impotenz auch später nicht aus dogmatischen Gründen nicht bedrohen wird.

- Ein Mann ohne Eigenschaften. Ein Statist (M Küstenmacher). Schweigend - in einem jüdischen Witz kommt der kleine Joschele von der Schule nach Hause, erzählt seiner Mutter stolz, man werde ein Theaterstück aufführen, und er spiele den Ehemann: "Du gehst sofort zurück", schimpft die Mutter, "und sagst deiner Lehrerin, dass du eine Sprechrolle haben willst!")

- einer, der durchhält und vertraut.

- Ein großes Vorbild für seinen Sohn Jesus? Weil er "gefallene Frauen" wie Maria um sich versammelt, was später seinem Sohn Jesus  (Die Welt)

- der gehörnte, betrogene Mann? der aus Liebe zu Maria nur zum Nährvater gemacht wird?  der Gerecht genannt wird?

- Josef der Träumer, dem Gott alles persönlich im Traum sagt durch seine Engel?

Wann ist ein Mann ein Mann? Suchen Sie es sich aus!

Zugleich stark und sensibel soll er sein, Muskelprotz und Softy, erfolgreich im Job und doch schon mittags zu Haus: Der „bewegte Mann" lebt im Spagat zwischen traditionellen und modernen Werten. Das ist das Ergebnis einer Studie von katholischer und evangelischer Kirche, die das Ministerium von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) finanziert hat.  Evangelische und katholische Kirche suchen zusammen das unbekannte Wesen in ihren Kirchenmauern - den modernen Mann.

Ergebnis: Nur jeder fünfte deutsche Mann bevorzugt demnach in Partnerschaft und Familie den modernen Weg mit Vätermonaten und Berufstätigkeit der Frau. Jeder Vierte dagegen hängt noch immer traditionellen Rollenklischees nach.

„Spannend" findet von der Leyen vor allem den Wandel in der Einstellung zur Ehe. Denn Ehe ist „gerade bei modernen Männern nicht out". Jeder dritte traditionelle Mann, für den Ehe laut von der Leyen noch immer „patriarchalisch" ist, bezeichnet den Lebensbund zwar als „überholt". Bei modernen Männern aber, die ihre Partnerschaften „auf Liebe und Respekt statt Abhängigkeit" aufbauten, sei die Ehe „in": Für nur 13 Prozent von ihnen hat die Ehe keine Zukunft. Und er moderne Mann in der Studie ist religiöser geworden: 1998 hielten ganze 12% der Männer Religion für wichtig, 10 Jahre später immerhin doppelt so viele,  25% Religion sei wichtig.

Josef, der auf Anraten des Engels, die schwanger gewordene Maria nicht freigibt, sondern heiratet - kann als moderner Mann angesehen werden.

Er respektiert Maria vollständig, gleichzeitig gibt er den Ernährer. Er ist Beschützer, Wanderer, Visionär, Handwerker und ein Gerechter,  einer der den Glauben in seinem Alltag lebt.

Wie auch immer: Unsere deutsche Welt, in der 30% der Frauen alleinerziehend sind, scheinen wir solche Männer wie Josef zu brauchen. Männer, die Frauen mit Kindern aufnehmen, eine neue Familie aus den Einzelstücken gründen. Sich hineingeben, fördern, durchhalten, kämpfen.  

Wie kann das gelingen? Wie können Männer moderne Frauen und ihre männliche Auffassung von Ehe zusammenbringen?

Ich sehe mich selbst: Mal ganz ehrlich - in meinen Widersprüchen. Auf die Gefahr hin, dass einige unter ihnen sich empören werden und mich wechselweise als Patriarch oder Tyrann bezeichnen werden. Manchmal sagt meine Frau, dass sie eigentlich auch alleinerziehend sei. So oft bin ich abends unterwegs und kann die Kinder nicht ins Bett bringen. Wenn ich zu Hause bin, habe oft keinen Nerv auf endlose Rituale, Geschichte, die nicht einmal sondern 2-3 dreimal vorgelesen werden sollen. Ich kann zwar kochen, kaufe aber nicht gern ein. Und habe das Motto: wer kocht, braucht nicht abspülen. ich habe eine Lehrerin, eine Akademikerin als Frau, die aber nur wenig zum finanziellen Familieneinkommen beitragen kann und ich wüsste nicht, wie wir das anderes bewerkstelligen könnten. Selbst wenn ich auf einer halben Stelle sitzen würde, würde ich die andere Hälfte schon füllen und meine Frau hätte sehr wahrscheinlich den doppelten Stress und den hält man dann auf Dauer nicht durch.  Ich kämpfe und leide hauptsächlich an mir selbst und meine Frau darf das dann auch noch anhören... wie jämmerlich können wir Männer im Verborgenen sein...

Soll ich noch mehr erzählen? Von Weihnachten vielleicht? Wer backt? Wer schmückt, sich Gedanken macht und die Geschenke einkauft und wer kurz im Internet surft und dann 1500Euro ausgibt? Sie dürfen raten ...

Aber ich habe noch etwas anderes die letzten Jahre gelernt. Interkulturelles Lernen... und ich kann das übertragen.

Die Ehe ist eine Art Kulturschock.. Denn es gibt eine männliche und eine weibliche Kultur auch bei uns. Zwei Welten, die sich begegnen, nicht mehr und nicht weniger. der Talmud ist da ganz realistisch und sagt: die Stiftung einer Ehe ist ein größeres Wunder als die  Teilung des Schilfmeeres. Drei Dinge lerne ich von Josef und erkenne sie bei mir:

1. Ich sage: Mut zur Zweigleisigkeit was meine ich mit " Mut zur Zweigleisigkeit?" - Akzeptieren, dass auch meine Frau letztlich ein mir unbekanntes Wesen bleibt. Wie eine fremde Kultur. Eine Frau die 20 Jahre mit einem Inder zusammenlebt, sagt mir - je öfter und länger ich mit ihm in Indien bin, desto fremder und rätselhafter ist mir diese Kultur.  -

Und ich kann dasselbe nach 12 Jahren Ehe auch sagen! Meine Frau ist wie eine Katze, so unabhängig in ihrem Denken und ich eher ein Hund. Deshalb bleibt es ja auch spannend! Und es geht trotzdem, wenn man das akzeptiert.  Mut zur Zweigleisigkeit. Josef weiß um die andere Welt, in der Maria lebt und akzeptiert sie als fremd und liebt sie doch. Mut zur Zweigleisigkeit ist keine Doppelmoral sondern ein tiefes Verstehen der Fremdheit des anderen.

2. Es geht nicht immer alles der Ordnung nach. Bei Josef wird Maria schwanger - nicht von ihm und er akzeptiert das trotzdem. Er ist kein Moralist und Prinzipienreiter. Die Realität ist anders als ein Wunschtraum. Kompromisse werden eingegangen. Wer rein nach dem Ideal leben möchte, welchem auch immer - der könnte in die Situation des Mannes kommen, der die ideale Frau suchte. Und eines Tages hat er sie gefunden. Und fragen die anderen, was ist jetzt? "Ich bin nicht der ideale Mann."  Josef

3. Leben im Alltag: da geht es wirklich ums Durchhalten. Wie in einer guten Freundschaft. Nicht immer konkurrieren, darum der beste und Tollste und Erfolgreichste zu sein. Auch mal gemeinsam abhängen. Am Josef kann man sich ein Beispiel nehmen. Er kümmert sich zu rechten Zeit um einen Esel, sucht verzweifelt eine Herberge, macht Feuer und schafft Nahrung heran, während seine Frau mit nichts anderem als ihrer Geburt beschäftigt ist. Vielleicht ist auch ein Chaot - wie kann man einer Frau so eine Reise zumuten. Und dann als Migrant in Ägypten - wer sein Handwerk versteht, kommt überall durch.  Einer, der 

Und die Kirche? Was macht die männliche Welt und die weibliche Welt in ihr? manche sagen, die Kirche sei zu verweiblicht. Ich sage: nach 2000 Jahren männlicher Dominanz ist das in Ordnung. Unsere Kirche wird interkulturell - die Frauen bestimmen mit. Das ist so unvermeidlich wie die Aufgabe der Leibeigenschaft. Wer darüber sich beschwert, lebt wirklich nicht in seiner Zeit. Manche sagen: in der Kirche geht es immer nur um die ideale Familie - ich sage: wenn nicht nur Mutter Maria und das Jesuskind im Mittelpunkt steht, sondern auch der Vater, dann ist das in Ordnung. 

Eine ideale Familie war die heilige Familie sicherlich nicht. Leben kann sie aus sich heraus nicht einfach erzeugen, und erst recht nicht erhalten. das Wunder an Weihnachten ist dann doch, wie Gott sich in unser Leben einmischt und wie verschieden wir darauf reagieren können und müssen. Gott kommt in unser Leben hinein. Und da wird unsere Welt endgültig interkulturell. ich könnte auch sagen: da wird es wirklich spannend. AMEN