Das große Abendmahl - ausgefallen! Zum ökumenischen Kirchentag 2005 Berlin

Lk 14
15 Als aber einer das hörte, der mit zu Tisch saß, sprach er zu Jesus: Selig ist, der das Brot isst im Reich Gottes!16 Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein. 17 Und er sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, den Geladenen zu sagen: Kommt, denn es ist alles bereit! 18 Und sie fingen an alle nacheinander, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 19 Und der zweite sprach: Ich habe fünf Gespanne Ochsen gekauft und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 20 Und der dritte sprach: Ich habe eine Frau genommen; darum kann ich nicht kommen. 21 Und der Knecht kam zurück und sagte das seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen herein. 22 Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. 23 Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde. 24 Denn ich sage euch, dass keiner der Männer, die eingeladen waren, mein Abendmahl schmecken wird.


Liebe Gemeinde,
wie konnte das passieren?
Da macht der Reichste und Angesehenste ein Fest und von den Eingeladenen kommt keiner.
So eingenommen von sich selbst hat dieser Mann sein Fest organisiert, sich so hinein vertieft, dass er gar nicht merkt, dass die anderen seine ungefähre Einladung von vor über einem Jahr schon längst vergessen haben, weil ihr Terminkalender nicht so weit reicht. Sicher – gehört hat man schon immer wieder was von einer grandiosen Fete bei dem Herrn, der sich für den größten hält – aber nichts Genaues weiß man nicht. Ich stelle mir diese Nachbarn vor:
Und jetzt möchte er, dass wir Knall auf Fall kommen! Nix da – soll er sich doch an die Formpflicht halten – da hilfts auch nichts, wenn er seinen treu ergebenen Verwalter und Knecht im letzten Moment überall herumschickt und sagen lässt: DIE STUNDE IST DA!    

Es ergeht ihm wie einem, der bei uns Ende Juli noch ein großes Fest machen will und feststellt: die Leute sind übersättigt von einem langen Sommer. Sie können kein Grillfleisch mehr sehen. Eine Feier jagt die andere, zu der man unbedingt hingehen muss – und jetzt noch eine! Irgendwann muss dann doch arbeiten – Feiern ist ja richtig anstrengend geworden…

wie konnte das passieren?
Und dass tatsächlich keiner kommt, das riecht doch schon nach Absprache. So wie man eben die Eingebildeten Reichen auflaufen lässt. „der hält sich für was Besseres“ -  „Unglaublich, was der alles auffahren will, voll peinlich eben.“ – „So eine Verschwendung in diesen schweren Zeiten.“ „Aber dem zeigen wirs“, telefonieren sie untereinander, wer sich nicht an die Fristen hält und an die Regeln, wie man bescheiden und trotzdem schön feiert, muss eben gezeigt werden wie schief er liegt.

Liebe Gemeinde, wie konnte das passieren – mit dem Ökumenischen Kirchentag. Die große Fete – aber ehrlich: Stimmung wollte nicht so recht aufkommen. Trotz des MEGA-EVENTS immer säuerliche Kommentare in den Medien, verkrampfte Gesichter von Kirchenfürsten, die ihr Kreuz durch die Menge schieben, voll peinliche, hochdiplomatisch ausgehandelte Kompromissveranstaltungen mit Wasser und Graubrot anstelle von Wein und Festbuffet. Nein – Freude kam da nicht auf. Und hinterher lasche Stellungnahmen, Verabschiedungen von veralteten Absichtserklärungen, die als großer Fortschritt geheuchelt werden. Die Fete – voll ins Wasser gefallen. Riesenenttäuschung.

Hinter vorgehaltener Hand Verstimmung auf beiden Seiten, evangelischerseits Besserwisserei „haben wir doch schon immer gewusst, dass die Katholiken eigentlich gar nicht wollen“, katholischerseits offene Disziplinarmaßnahmen, gegen solche, die es gewagt haben, aus der Kampflinie zu desertieren, offen und frei doch miteinander zu kommunizieren und zu feiern, Zähneknirschen und Schäumen bei Betonköpfen auf beiden Seiten.
Endeffekt ist die Grundstimmung: lasst uns ein paar ökumenische Alibi-Veranstaltungen oder Gottesdienste machen und ansonsten gehen wir uns am besten aus dem Weg.

Liebe Gemeinde, Wie konnte das passieren?
Nun ja, die entscheidenden Persönlichkeiten waren nicht da. Business as usual für den sonst so reisefreudigen Papst in Rom. Und im evangelischen Raum haben die entscheidenden Gremien im Vorfeld ebenfalls nichts Entscheidendes zustande gebracht, so zerstritten und unklar wie die verschiedenen protestantischen Konfessionen untereinander auch noch sind. Die evangelischen Persönlichkeiten liefen dann ebenso hilflos über den Rummel wie die ein Kardinal Lehmann, der über 20 Jahre ökumenisch hart an dem Thema Abendmahl und Amt gearbeitet hat, und nun seine eigenen Ergebnisse nicht erklären konnte oder durfte.
Nein, liebe Gemeinde, die Fete ist ausgefallen – wie in dem Gleichnis: Grundstücke kaufen, das eigene Terrain, die „Parochie“ erweitern oder zumindest halten, so gehen die Revierhirsche evangelisch und katholisch vor.
Kuhhandel – eben Ochsen kaufen, das ist wichtiger. Theologisch kämpfen bis zum letzten Buchstaben, Verträge nach verhandeln,  bis in die kleinsten Klauseln, Feilschen bis zum letzten Cent in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, so machen wir das bei den großen Kirchen. Von wegen Gemeinsamkeit – und dieser große Herr da soll sich mal nicht so anstellen. Wir wissen schon, was wir tun. Auf uns kommt es an. Wir sind die Kirche evangelisch oder katholisch oder sonst was – Hauptsache, alles bleibt wie es war und Gott, äh der Herr hält sich an die Regeln und stellt sich in diesem schwierigen juristisch-theologischen Prozess mal hinten an.
Kein Wunder, dass die Jungen lieber heiraten und eine Familie gründen, sich ins Private Glück zurückziehen, die Kirche im Dorf lassen, als sich bei so was zu engagieren

Wie sagt LUTHER:

Denn wie kommt das heilige Sakrament dazu, dass man es dazu gebraucht um einen Unterschied unter den Christen zu machen, so es doch unser Heiland Jesus Christus gerade dazu eingesetzt hat, um uns einen Trost und ein gutes Gewissen zur Stärkung unseres Glaubens. Denn das Sakrament soll in der Christenheit gleich wie ein Band sein, mit dem die Christen zusammen verbunden sind, dass sie gleich wie ein Brot oder ein Kuchen sind, nicht allein damit, dass sie zugleich einen Gott, ein Wort, eine Taufe, ein Sakrament, einer Hoffnung und Zuversicht haben, sondern auch ein Leib sind, wo ein Glied dem anderen die Hand reicht, helfen, raten und das Leid zusammen tragen.

Liebe Gemeinde:
wie konnte das passieren?
Diese Blamage. Der Albtraum meiner Jugend…Teenager haben sich nach so einer Blamage schon umgebracht, aus Enttäuschung und Zorn darüber, wie wenig beliebt sie sind. Andere reagieren eher aggressiv. Mit Amokläufen.
Wie der Herr im Gleichnis von Jesus.
Er wird unglaublich zornig. Und er trifft ein hartes Urteil:
„Keiner von denen, die eingeladen waren, wird mein Abendmahl schmecken.“
Glauben wir wirklich, Gott lässt sich so hinhalten und bleibt ruhig, während sich die Kirchen entschuldigen, man könne eben nicht anders?
Glauben wir wirklich, das ist eine Geschichte aus der alten Zeit und hier geht es um Pharisäer und die Juden, die nicht kommen und deshalb dürfen jetzt mal die Heiden, eben die Kirche ran und darf da bis in alle Ewigkeit feiern und schlemmen.
Glauben wir wirklich, die Stunde ist noch längst nicht da und wir Kirchens dürfen machen was wir wollen, weil wir eben anstelle von Israel erwählt sind. „Wenn ihr nicht schreit und tut, was Gott will, dann werden eben die Steine schreien und aus diesen Steinen werde ich mir ein Volk erwecken“ sagt Gott.
Glauben wir wirklich, Gott, der so einen Sohn wie Jesus hat, der da süffisant auf den Polstern der Oberen liegt und sie so offensichtlich und schonungslos beschämt, dass diese Oberen beschließen ihn zu töten, wird da geduldig bleiben mit seinen Kirchen, die sich für seine Stellvertreter und seinen Leib haben?

Was für ein Gericht, dass der allmächtige Gott nun seine Erwählten links liegen lässt, während die gar nicht merken, was ihnen entgeht. Die Neunmalklugen, die Ewigsatten, die Besserwisser, glücklichen Besitzer, die meinen, „alles zu seiner Zeit – die gehen doch schon längst leer aus. Die Feier findet längst woanders statt, während die Eingeladenen noch vor sich hin schmollen und so tun, als hätte alles seine Richtigkeit.

Die Feier findet woanders statt und die Kirchen werden noch leerer werden. Vielleicht geht es uns noch so wie in der vorangegangenen Abendmahlsgeschichte – wir klopfen in der Nacht an und Jesus öffnet nicht und sagt ich kenne euch nicht! Was – wir haben für dich gearbeitet, wir waren immer bei dir, hatten deine Gegenwart in unseren Gottesdiensten – Weichet von mir, ich kenne euch nicht!
Und drinnen feiern die Hungrigen, die Bettler, die Sünder, die wir ausgeschlossen haben und alle die anderen, denen wir Kirchenchristen nicht begegnen wollten. Da wird es kein Trost sein vor dieser Türe in der Nacht, dass der Nachbar ebenso davorsteht wie ich.
AMEN.