13.3.2011 Adam und Eva Gen 3

So sagt es Gott: Von allen Bäumen darfst du essen, nur von diesem einen nicht.

So kommt das Gebot in die Welt. Nicht die Pflicht, nur ein „du darfst, nur das eine nicht". Gott droht nicht, sondern warnt. Diese Früchte sind der Tod. (sehr gut ist sozusagen mordsgut). MOT TOW sagt Gott über seine Schöpfung am Ende des 6. Tages ...

Er ist fürsorglich wie Eltern, die ihre Kinder davon abbringen möchten, Vogelbeeren zu essen oder Fliegenpilze. Er ist ähnlich erfolglos: als Jugendliche werden die Kinder versucht sein, in irgendeiner Form diese Pflanzen zu sich zu nehmen, um einen rauschhaften Bewußtseinszustand, eine Erweiterung ihres Selbst zu spüren - durchaus in Kombination mit dem „Reiz des Verbotenen".

So reifen die Menschen heran.

Natürlich können wir uns beschweren und fragen: warum lässt Gott dann diesen Baum wachsen? Warum führt er uns in Versuchung?

Eine Schlange ist klug und listig und stellt genau diese Fragen. Klug sein heißt, die Schwächen der anderen kennen. „Seid klug wie die Schlangen und unschuldig wie die Tauben." Tauben kommen nicht vor in unserer Geschichte. Die Schlange ist übrigens nackt wie der Mensch, den das zu diesem Zeitpunkt noch nicht stört. Im Hebräischen liegt hier ein Wortspiel vor zwischen עירם (°êrom = nackt) und ערום (°ârûm = schlau), wie die Schlange in (Gen 3,1 EU) genannt wurde. ARUM: klug, listig, durchtrieben, wie Gott der Herr sei gemacht hatte.

Die Schlange, eigentlich DER SCHLANG (im hebräischen männlich...)säät erst mal Unsicherheit durch vorgetäuschte Unsicherheit: Sollte Gott gesagt haben, ihr dürft von keinem Baum im Garten essen?

Die Versuchung präsentiert sich durchaus religiös und an Gott interessiert und verwickelt Eva in ein Gespräch (die sich nicht wundert, dass hier ein Tier spricht wie sonst nur im Märchen - wir befinden uns in einer sagenhaften Zeit, in der alle s eine Bedeutung hatte und die Dinge und Tiere zu den Menschen redeten. Noch war der Mensch in seiner Erkenntnis nicht so weit, dass er die Bedeutung selber finden und ihnen gewaltsam entreißt.)

Eva „beißt" an, nein sie beißt noch nicht aber sie redet und übertreibt auch ein bisschen: „Nein, von allen Bäumen dürfen wir essen, nur von der Frucht des Baumes in der Mitte hat Gott gesagt, esst nicht und berührt sie nicht, sonst werdet ihr sterben." Von Berühren hatte Gott nichts gesagt, aber wir stellen uns vor, wie Eva nun diese Frucht schon fast in der Hand hält. Von nicht ernten hat er ja auch nichts gesagt ...

Übrigens: es hat keinen Sinn, sich zu fragen, ob ich dieser Versuchung standgehalten hätte und wie man sich gegen Versuchungen dieser Art wappnet. Diese Art von Gespräche führen wir alle...

Die Schlange sagt nun: „Todsicher werdet ihr nicht sterben.   תְּמֻתֽוּן׃ מֹ֖ות mot temutun (wieder ein Wortspiel). Sondern an dem Tag, an dem ihr sie essen werdet, werden euch die Augen geöffnet und ihr werdet wie Gott erkennen das Gute und das Böse."

Eva erschrickt: das Böse? Das hat schon etwas Faszinierendes. Das Böse vor allem, das Gute, das sher gute der Schöpfung kennt Eva ja zu Genüge. Aber was ist das Böse? Wo ist es? Wie zeigt es sich? Das wäre schon gut, man würde es erkennen und ihm nicht so naiv kommen.

Wir können ja auch nicht sagen, dass das Böse nicht in Gottes Schöpfung ist. Die Schlange/der Schlang ist auf jeden Fall da und böse in seinen Unterscheidungen, Übertreibungen und Versprechungen. Aber die Schlange lügt ja nicht einmal. Sie spricht die Wahrheit. Eva und Adam essen also. Die Frucht, schön anzusehen und soll „weise" machen - obwohl in der Bibel nicht das heilige Wort Weisheit „chokma" steht, sondern: sakal: das heißt eher „fähig" werden. Fähig zu allem ...

Tatsächlich werden Eva und ihrem Mitläufer Adam die Augen geöffnet. Sie sehen zum ersten Mal sich selbst! Sie erkennen sich selbst! Wie Gott erkennen sie, aber sie halten diese Erkenntnis nicht aus - sie schämen sich. Sie haben Angst und Furcht. Sie sind in ihrer neuen Klugheit so nackt wie die Schlange. Aber sie sind nicht wie Gott. Ihnen fehlt etwas: der andere. Sie begehren. Aber was sie vorher in Liebe einfach so getan haben, da kommt jetzt die Scham dazwischen. Sie machen sich notdürftig aus Blättern Schurze. Nicht das Sexuelle ist „böse", aber ihre Bedürftigkeit, ihre Armut und ihre Geilheit. Etwas ist zwischen sie gekommen. Die Scham ist nur ein Anzeichen dafür, dass sie nun auf sich gestellt sind. Wie der so alleine sind, wie der Mensch vorher gewesen ist. Und ihre Zweisamkeit, ein Fleisch sein, wenn sie gelingt, eine Erinnerung an das Paradies ist.

So entsteht das Böse aus einer Erkenntnis, die uns eigentlich nicht zusteht. Aus dem Nichts. Und muss sich verstecken. Jetzt auch vor Gott, mit dem sie im Paradies wohnen. Der mehr als ein Besucher ist in einem Reservat für seine Menschen.

Wo bist du? Fragt Gott - erstaunt, schon in einer seltsamen Mischung aus Verzweiflung und Zorn, aber auch eigenartig hilflos.

WO BIST DU? Ja, wo bist du Mensch? Herausgefallen aus der kosmischen Ordnung, irgendwo im unendlichen All. Die Orientierung verloren, sich versteckend wie ein scheues Tier irgendwo im Gebüsch - vor dem Angesicht Gottes, auf das sie sich sonst gefreut hatten am Abend, wenn die heiße Sonne vorbei ist und sie zusammen saßen und redeten wie in einer Familie.

Wo bist du? Fragt Gott: schon traurig geworden, den Verlust ahnend. Und aus dem Busch: adam:

Ich hörte dich, aber ich schäme mich, denn ich bin nackt. EROM / AROM.

Woher weißt du plötzlich, dass du nackt bist? Du hast doch nicht etwa?

Wir wissen, welches Spiel nun beginnt - die Frau, die Schlange usw. das soll aber Thema am Dienstag in der Passionsandacht sein.

Die Strafen Gottes für das Verhältnis zwischen Tier und Mensch und Mann und Frau ist nichts anderes als eine Prophezeiung der Conditio humana, der Grundbedingungen unter der wir alle leben:  So werden wir wissend, fähig für wirklich alles, aber auch verantwortlich. Es ist dir gesagt Mensch, was gut und was böse ist.

Im Kampf mit den Tieren und der Schlange im besonderen, im Kampf mit den Elementen und Katstrophen, der harten Arbeit auf unfruchtbaren Feldern und dem schmerzhaften Kinderkriegen, dazu Streit um die Macht und eine Liebe, die zu einer unerfüllbaren Begierde geworden ist, bis die Menschen sterben und wieder zu Erde werden ohne Hoffnung auf Wiederkehr ... So ist das Menschsein. Als Mann und Frau.

Zumindest wird nicht gesagt, dass wir in der Besten aller Welten leben würden, in einem Paradies. Bitter klingt der Fluch Gottes, traurig und enttäuscht. Nichts mehr von der früheren Vertrautheit ist da - nur Ferne und neue Einsamkeit. Das nächste Mal wird Gott fragen: Wo ist dein Bruder Abel? Und wieder wird der Übertreter überleben.

Doch wird Gottes Liebe stärker als seine Enttäuschung. In seinen Geboten regelt er die Beziehungen zwischen sich und den Menschen und zwischen den Menschen untereinander. Persönlich werden wir angesprochen: DU!

Und nachdem das Projekt des Menschen wie Gott zu werden so furchtbar und unvermeidlich gescheitert ist, wird Gott selbst Mensch in Jesus. Seine Liebe erscheint neu in diesem Menschen. Seine Gebote löst er selber ein und hat sich selbst in das Exil, in die Vertreibung begeben.

Es erscheint eine seltsame Kreuzung, die John Miles in seiner Deutung „Gott - eine Biographie"  bemerkt hat: Gott ist am Anfang mächtig aber unwissend und am Ende ohnmächtig aber allwissend ...

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. AMEN